Bindungsangst / Beziehungsangst

Von Bindungsangst/ Beziehungsangst sind Männer etwas stärker betroffen als Frauen. Sie wünschen sich eine Partnerschaft, haben aber Angst, sich darauf einzulassen und Nähe zuzulassen. Sie befürchten mit Erwartungen überschwemmt zu werden, was sie alles tun sollen – ihre Freiheit und Selbstständigkeit dadurch zu verlieren und vereinnahmt zu werden. Manche fürchten auch die Verantwortung und Verpflichtungen in einer Beziehung.


Ursachen

  • Usachen können Verletzungen und Verluste aus Beziehungen in der Kindheit und späteren Erfahrungen sein. Es wurde gelernt, dass Vertrauen, Nähe und sich auf jemanden Einlassen mit Schmerz verbunden ist. Der Beschluss lautet – lieber keine Beziehung, als welche, die wehtun.
  • Die Erfahrung ist, dass man nur geliebt wird, wenn man tut, was andere von einem verlangen/ erwarten und dass man seine Wünsche/ Bedürfnisse hinten anstellen muss.
  • Im Gegensatz zu einem verlustängstlichen Menschen, wurde der Bindungsängstliche in seiner Kindheit mit Nähe überschwemmt sowie Erwartungen und Druck. Die eigenen Grenzen wurden ewig missachtet und das Kind überfordert. Es musste z. B. Partnerersatz sein, einen Elternteil pflegen, die Eltern waren Narzissten oder man durfte einfach nicht Kind sein. Daraus entstand die Angst, die Freiheit zu verlieren. Neben Verzweiflung entstanden Wut und Ärger, der nach innen und/ oder außen gerichtet wird, wenn die Grenzen wieder überschritten werden (der andere wird dann z. B. bestraft).
  • Das was man „hat“, ist uninteressant.
  • Angst vor Verantwortung und den Verpflichtungen in einer Partnerschaft
  • Angst die Selbstständigkeit zu verlieren
  • Angst vereinnahmt zu werden
  • Angst etwas zu verpassen
  • Angst die Kontrolle zu verlieren
  • Angst vor Nähe – distanziertes Verhalten der Eltern anderen, dem Partner und Kind gegenüber führt dazu, dass es lernt, sich genauso zu verhalten.
  • Angst vor Ablehnung
  • Angst vor Enttäuschungen und Verletzungen
  • Angst vor Liebeskummer
  • Angst vor den eigenen Gefühlen
  • Geringes Selbstwertgefühl, Selbstvertrauen und mangelnde Selbstliebe – wenn wir uns selbst ablehnen, können wir anderen nicht glauben, dass sie uns wirklich so annehmen und lieben können, wie wir sind.
  • Angst vorm Versagen, Angst Fehler zu machen
  • Angst ausgenutzt zu werden
  • Angst vor emotionaler Gewalt

Folgen (je nach Ausprägung)

Unten aufgeführte Anzeichen, die für sich allein stehen, müssen nicht darauf hindeuten. Aber wenn mehrere oder gar viele Punkte zutreffen, handelt es sich um einen bindungsängstlichen Menschen. Die rotmarkierten Stichpunkte sind allerdings die sichersten Anzeichen dafür.

  • (Extrem) bindungsängstliche Menschen zeigen extreme Zuneigung am Anfang, überschütten den anderen mit Geschenken, wollen schnell Sex, machen sehr zeitig Liebesbekundungen, machen unglaubliche Komplimente und manche sprechen sogar von Heirat, Zusammenziehen usw. Sie wollen den anderen durch bewusstes oder unbewusstes „sich Einkratzen“ an sich binden. Menschen mit geringem Selbstwertgefühl, – Selbstbewusstsein, – Selbstvertrauen mangelnder Selbstliebe sind besonders empfänglich dafür.
  • Ein Bindungsänstlicher nimmt sich keine Zeit für ein langsames Kennenlernen. Der Beginn einer Beziehung wird schnell vorangetrieben und Schritte werden übersprungen, um jemanden schnell an sich zu binden.
  • Dem Partner wird etwas versprochen, was nie eintritt (, dass man z. B. zusammenzieht, Kinder bekommt, heiratet usw.). Das Ziel eines Bindungsängstlichen ist es, JETZT zu bekommen, was er will.
  • (Extrem) Bindungsängstliche, insbesondere Narzissten, narzisstische Borderliner und Psychopathen stellen die gesunde Wahrnehmung des Gegenüber in Frage und verdrehen sie. Ich erinnere mich an mehrere Fälle mit Bindungsängstlichen, die sich gern mit anderen Frauen getroffen haben und mich glauben lassen wollten, da sei gar nichts. Einer sagte sogar „wir spielen immer verliebt“ oder er sagte, dass er mich zwar unbedingt sehen wolle und total vermisse, hatte aber nie Zeit. Einer (vermutlich starker Narzisst oder sogar Psychopath) rastete bei so einer Kritik im extremen Maße aus und versuchte mir etwas einzureden, was ich im Leben nie tun würde.
  • Empathie ist eingeschränkt oder nicht vorhanden. Dadurch fühlt sich sein Partner immer wieder verletzt (auch wenn der Bindungsängstliche ihn gar nicht verletzen will, aber er hat gesunde Empathie nicht gelernt), besonders dann wenn er merkt, dass der andere (aufgrund diesen Defizits) nicht für ihn da ist. Manche setzen „scheinbare“ Empathie ein, für eigene Zwecke, weil sie wissen, dass sie dann dafür etwas bekommen.
  • Er hat ein Drogenproblem. Die Droge wird immer wichtiger sein, als der Partner!
  • Er ist Narzisst, Borderliner, hat eine passiv-aggressive, multiple, schizotypische oder abhängige Persönlichkeitsstörung.
  • Er verhält sich widerspüchlich, sagt Dinge, die Nähe bedeuten, aber die Distanz bleibt – z. B., dass er schreibt, macht es aber nicht oder den anderen total vermisst, trifft sich aber nicht mit ihm.
  • Viele hatten noch nie eine, viele kurze oder sehr lange Zeit keine Beziehungen. Sie führen unverbindlichen Beziehungen, Freundschaften mit intimer Nähe, Affären und möchten sich nicht auf einen Menschen festlegen.
  • mangelnde Kompromissfähigkeit
  • ständiges Verlieben in und Sex mit jemanden, der schon gebunden bzw. nicht verfügbar ist (Fernbeziehungen, Drogenproblem)
  • Um Distanz zum Partner herzustellen,
    1. wird mit anderen geflirtet, insbesondere in dessen Gegenwart oder er trifft sich z. B. mit jemanden anderen Geschlechts auf einen Kaffee und erzählt das dem Partner. Stellt man ihn daraufhin zur Rede, wird die Sache von ihm heruntergespielt, dass da nichts sei.
    2. distanziert er sich emotional vom Partner. Obwohl man zusammen ist, hat man das Gefühl, ausgeschlossen zu sein und fühlt sich total einsam. Die gemeinsame Verbindung (Resonanz) fehlt.
    3. kritisiert er ihn in großer oder auch nur in kleiner Form, wertet ihn ab, stichelt oder zickt rum. Er sagt z. B. Dinge wie „ich steh in Wirklichkeit nicht auf Blonde“, „die Woche hast du ein bisschen zugenommen“ usw. Selbst wenn sich der Partner ändert, wird der Bindungsängstliche neue Dinge finden, die ihm nicht gefallen.
    4. vergleicht er ihn mit seinem/r Ex.
    5. zerstört er die Beziehung, obwohl gerade alles super läuft. Er beginnt grundlos zu streiten, reagiert aggressiv, feindselig und verhalten oder erwartet übertrieben viel vom Partner.
    6. verbringen sie viel Zeit mit Arbeit und zeitaufwendigen Hobbies. Der Partner kommt erst an „10.“ Stelle. Mit ihm wird nur wenig Zeit verbracht.
    7. stellt er hohe Anforderungen an den Partner.
    8. gibt Nähe und zieht sich dann zurück > Gefühle schwanken
    9. geht die Beziehung nicht voran. Zukunftspläne werden vielleicht geäußert, aber nicht umgesetzt oder gar nicht angesprochen. Man lernt dessen Freunde oder Familie z. B. nicht kennen.
    10. sagt er nicht „ich liebe dich“, sondern nur „ich hab dich lieb“, „ich mag dich“ o. Ä.
  • Extreme Bindungsängstliche bekennen sich nicht zur Beziehung. Wenn er das tun würde, glaubt er, bestimmte Erwartungen des Partners erfüllen zu müssen – also das, was er schon in seiner Kindheit gelernt hat.
  • Bindungsängstliche ziehen Verlustängstliche an. Erfahrungen der Kindheit werden auf diese Weise wiederholt. Das „innere Kind“ versucht damit dieses Mal ein besseres Ende herbeizuführen, was man früher als Kind nicht geschafft hat. Bindungsängstliche geraten solange an verlustängstliche Menschen bis sie ihr erlerntes falsches Muster, was Liebe ist, durchschauen und verändern. Nach und nach treten dann Menschen mit geringerer und keiner Verlustangst ins Leben. Problematisch ist, dass Bindungsängstliche und Verlustängstliche sich schnell und intensiv ineinander verlieben, da sie genau diese früheren Themen „ansprechen“. Zudem empfindet der Beziehungsängstliche auch keine Angst oder sein Verhalten als Problem, im Gegensatz zu einem Verlustängstlichen, wodurch er im Vergleich zu diesen weniger oder nicht dazu bereit ist, etwas an seinem Verhalten zu ändern. Sein „inneres Kind“ will in Ruhe gelassen, nicht bedrängt werden und seine Freiheit.
  • Er ist bereits gebunden, evtl. nur emotional an jemand anderen und damit nicht offen für eine neue Bindung.
  • Er sagt direkt, dass er sich nicht binden möchte, kein Mensch für eine Beziehung sei etc. oder findet Ausreden, warum es nicht möglich sei.
  • Der Partner denkt dauernd über ihn nach und hat ein schlechtes Bauchgefühl, da er nicht wirklich erreichbar ist.
  • Er spricht ständig von sich und zeigt an anderen Personen kein echtes Interesse, stellt z. B. keine Fragen oder hört nicht richtig zu.
  • Sie können emotionale Nähe, evtl. auch körperliche Nähe (kuscheln, Sex, küssen) nicht oder schwer zulassen. Manche bevorzugen Stellungen, wo kein Blickkontakt hergestellt werden kann oder wollen nur Oralverkehr.
  • starkes Bedürfnis nach Sicherheit
  • Die Kommunikation ist unklar. Über frühere Beziehungen wird nicht gesprochen. Man erfährt nichts Genaues, was war.
  • Unabhängigkeit fällt leicht, kann aber schlecht anderen etwas geben, dafür umso besser sich selbst
    • Die scheinbare Gleichgültigkeit und Unabhängigkeit kommt durch die Angst vor Abhängigkeit
  • körperliche Symptome, wie Panik, Herzrasen, Schweißausbrüche, extreme Müdigkeit wenn er mit dem Partner zusammen ist
  • Sie möchten nicht über Beziehungsprobleme mit dem Partner reden (, z. B. wenn er Vereinbarungen bricht) und auch keine Beziehungsgespräche führen. Der einfache Weg wird bevorzugt und der Partner soll es „runterschlucken“.
  • es fällt ihnen schwer zu sagen, wo ihre Grenzen sind und sie Raum oder Zeit brauchen
  • keine engeren Freunde
  • Er grübelt über vergangene Beziehungen nach und sehnt sich nach diesen. Vor allem wenn Kinder da sind, wird noch viel Zeit in der früheren Familie verbacht.
  • Er kann sich gut selbst etwas geben, aber „schlecht“ anderen
  • Autonomie ist gut, Bindungsfähigkeit ist mangelhaft
  • kann ambivalent reagieren, also verlustängstlich, wenn in sein Leben ein Mensch tritt, der noch bindungsängstlicher als er ist, z. B. ein Narzisst
  • Bindungssichere Menschen werden als langweilig empfunden, da die „Leidenschaft“, das Hoch und Tief fehlen.

Lösungswege

  • Selbstliebe-, Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen steigern
  • Innere Kind Arbeit – Buch: „Das Kind in dir muss Heimat finden“ – Stefanie Stahl
  • auf die eigenen Grenzen achten und diese auch kommunizieren, lernen „Nein“ zu sagen und ehrlich deine Bedürfnisse ausdrücken und nicht etwas sagen, wo du denkst, dass der andere es von dir erwartet; du darfst und sollst sogar für dich einstehen, auch wenn du als Kind etwas anderes gelernt hast
  • Psychotherapie
  • Für sich einstehen! Zeige dem Partner deine Grenzen, sage z. B., dass du Zeit für dich brauchst, dass du etwas nicht tun möchtest usw. und riskiere, dass das dem anderen das möglicherweise nicht gefällt und er dich auch verlassen könnte. Aber du stehst zu deinen Bedürfnissen. Überlege dir, was jemand tun würde, der sich zu 100% selbst liebt? Dann tu genau das, egal wie dein Gegenüber damit umgeht.
  • Bindungssichere Menschen erkennen und ihnen zuwenden (wenn du das überhaupt willst):

    1. zeigen dir keine extreme Zuneigung am Anfang. Da sie dich nicht wirklich kennen, würden sie das nicht tun. Die Bindung entwickelt sich peu à peu.
    2. nehmen sich Zeit dich kennenzulernen und „jagen“ nicht, um sich dann zurückzuziehen.
    3. machen keine falschen Versprechungen, um dich an sie zu binden
    4. verdrehen deine Wahrnehmung nicht oder zweifeln sie an
    5. sind empathisch
    6. sind gut in Autonomie und Bindungsfähigkeit (ziehen sich nicht dauernd zurück, sondern sind da, klammern aber auch nicht)
    7. sind loyal
    8. sind kompromissfähig
  • Bindungssichere Menschen werden als langweilig empfunden, da die „Leidenschaft“/ das Hoch und Tief fehlen. Du kannst als Partner jedoch die Beziehung mit spannend gestalten.
  • Nehme Kontakt zu deinem inneren Kind auf und sei ihm täglich ein Elternersatz. So wie du dir deine Eltern gewünscht hättest, wie sie dich hätten behandeln sollen, so behandelst du dieses Kind. Kurzum behandle es wie deinen besten Freund. Dazu gibt es auch ein sehr gutes Buch von Stefanie Stahl – „Das Kind in dir muss Heimat finden„. Arbeite an deinem Denkmuster. Eine Veränderung der Denkweise dauert etwa 30 Tage. Dafür finde zunächst heraus, was du für Gedanken im Alltag hast, wenn in dir wieder Wut, Ärger oder Frust hochkommen (z. B. „Ich muss für meine Grenzen kämpfen.“, „Wenn ich nicht für mich sorge, macht das niemand.“). Dann entwickelst du positive Gegensätze, z. B. „Meine Kollegen und Freund sind für mich da.“, „Ich lasse das Problem beim anderen.“

sind Beziehungsängstliche beziehungsfähig?

Ja, denn beziehungsunfähig sind Egoisten, wer sich nur für sich interessiert; Menschen, die bewusst nicht für Kompromisse bereit sind und solche, die keine engen Bindungen wollen.

Wenn du deine eigenen Grenzen klar kommunizierst, stehst du für dich ein. Das ist keine Bindungsangst, erst dann wenn du mauerst, weil du sie nicht mitteilst.


Zum Abschluss

Bindungsstörungen sind weit verbreitet bei Männern wie auch Frauen. Laut Forschung wären 50% der Weltbevökerung betroffen, aber sehr viele darüber hinaus befinden sich in Beziehungen, da sie nicht allein sein können oder wollen. Über einen längeren Zeitraum sind die wenigsten aber glücklich. Das betrifft gerademal 10%. Indem du an dir arbeitest, gehörst du zu den wenigen, die etwas verändern und bist damit ein Pionier für andere. Das Allerwichtigste ist, dass du dir die Zeit nimmst, die du brauchst und dich in deiner Selbstliebe übst.