Bindungssichere Menschen

Wenn du die Artikel über Bindungsangst und Verlustangst gelesen hast und du dich zwischen einem der beiden Pole bewegst, wirst du dich fragen, wie verhält sich denn nun ein bindungssicherer Mensch bzw. woran kann ich ihn erkennen? Wenn du durch deine Erziehung eine falsche Vorstellung von Liebe gelernt hast und immer bindungsängstliche oder verlustängstliche Menschen anziehst, deine Beziehungen nicht funtkionieren, kannst du mit Hilfe der unten aufgeführten Merkmale rausfinden, wie sich bindungssichere Menschen verhalten und wie sie ihr Leben gestalten. Damit ist es dir möglich, bewusst Leute mit Bindungsangst oder Verlustangst „abzulehnen“ (wenn du das überhaupt möchtest) bzw. sie nicht in dein Leben zu lassen und gesunde Beziehungen herbeizuführen. Damit das jedoch erstmal möglich ist, solltest du an deiner eigenen Bindungs- oder Verlustangst arbeiten, denn in der Regel ziehst du immer Leute vom Gegenpol an.

Vorab sei gesagt, dass wenn du an deinem „Problem“ arbeitest und dich sozusagen wieder zur gesunden Mitte bewegst, du in der Regel nicht von jetzt auf gleich einen bindungssicheren Menschen kennenlernen wirst. Sondern nach und nach wirst du Beziehungen anziehen, die immer mehr gesünder sind. Das heißt, wenn du vorher in einer Beziehung zu einem Narzissten warst, kann es gut sein, dass du erstmal einen Egozentriker oder „einfachen Bindungsängstlichen“ kennenlernst. Das ganze geht so lange, bist du selbst bindungssicher bist oder dich in der Nähe der Mitte befindest.

Falls du bindungssicher bist, wirst du für gewöhnlich nicht lange in der Beziehung zu einem Verlustängstlichen oder Bindungsängstlichen bleiben.


Verhalten und Anzeichen

  • Bindungssichere Menschen lernen jemanden ganz langsam kennen und preschen nicht nach vorn. Das mag jetzt unromantsich klingen, aber Liebe auf den ersten Blick gibt es nicht, da der Bindungssichere weiß, er kennt den anderen nicht und dessen „Macken“. Er lässt sich sozusagen von Verliebtheit nicht in die Irre führen.
  • Es wird erst allmählich Nähe aufgebaut und die Beziehung verfestigt sich nach und nach.
  • Die Beziehung zu einem bindungssicheren Menschen ist ohne extreme Ups und Downs, sondern fühlt sich einfach sicher und ruhig an. Menschen, die nicht bindungssicher sind (Verlustängstliche, Bindungsängstliche), werden bei diesen mit hoher Wahrschenlichkeit mit (passiver) Bindungsangst reagieren und sich fragen, ob das echte Liebe ist.
  • Bindungssichere achten auf deine gesetzten Standards und „No-Goes“.
  • Sie machen keine Zukunftsverprechen als Mittel zur Manipulation, um etwas von dir jetzt zu bekommen.
  • Sie sind für dich da, wenn du sie „brauchst“.
  • Sie können sich in dich einfühlen und behandeln dich entsprechend. Empathie wird benutzt, um anderen zu helfen und nicht dafür, dich oder andere zu manipulieren.
  • Du wirst von ihnen emotional nicht „benutzt“.
  • Sie verdrehen deine Wahrnehmung nicht bzw. wollen dir einreden, dass sie falsch ist, obwohl sie richtig ist.
  • klammern nicht und sind bei „Rückzug“ (wenn sie mal Zeit für sich brauchen) dennoch für dich da bzw. melden sich
  • wissen, dass sie auch ohne eine Beziehung glücklich sein können und sind es, wenn sie Single sind
  • Autonomie und die Fähigkeit „zu geben“ sind ausgeglichen
  • Selbstwertgefühl, Selbstliebe, Selbstbewusstsein, Selbstvertrauen, Urvertrauen sind in Ordnung; brauchen keine ständige Anerkennung, übermäßige Bestätigung und schon gar keine Bewunderung, nehmen sich nicht exzessiv wichtig, haben kein Anspruchsdenken, sind nicht neidisch, vertragen Kritik
  • können Nähe zulassenemotional und körperlich, kann sagen „ich liebe dich“ (Bindungsängstler haben damit Probleme – sie sagen z. B. „ich hab dich lieb“, „ich mag dich“  oder „du weißt doch, was ich für dich empfinde“), bleiben auch emotional bei dir, selbst wenn ihr in einem Raum nicht miteinander kommuniziert (d. h., du fühlst dich auch dann mit ihm energetisch verbunden und hast nicht das Gefühl, dass er meilenweit entfernt ist)
  • sie bekennen sich zu dir
  • kommunizieren ehrlich ihre Wünsche und Bedürfnisse und beenden eine Beziehung, wenn sie einfach nicht mehr funtkioniert, ohne darin zu lange auszuharren, obwohl es nichts bringt; sie stehen für sich ein und sorgen selbst für sich – eine Beziehung ist nicht auf Bedürftigkeit aufgebaut, sondern ist eine Bereicherung
  • sie belügen oder täuschen dich nicht
  • sie sind treu
  • können Konflikte mit dir austragen bzw. darüber reden (Bindungsängstliche machen das nicht gern)
  • werten dich nicht ab bzw. kritisieren dich nicht destruktiv
  • haben mit Ex-Partnern komplett abgeschlossen
  • vergleichen dich nicht mit Ex-Partnern
  • flirten nicht mit anderen, wenn ihr ein Paar seid, erst recht nicht in deiner Gegenwart
  • du bist ihm wichtig und kommst nicht erst an fünfter Stelle
  • er wird in deiner Gegenwart nicht extrem müde (das wäre ein Symptom bei Bindungsangst, es sei denn es bestehen nachvollziehbare Gründe)
  • Er hatte in seiner Vergangenheit langjährige Beziehungen. Ist er keine 20 mehr und hatte eine Beziehung, die nur 3-4 Jahre ging, vergiss ihn, erst recht, wenn er 30 ist und noch keine hatte 😉 …
  • keine massive Kontaktaufnahme zu dir, kein kontrollierendes Verhalten, keine ständigen Fragen wie „Liebst du mich noch?“, es muss nicht alles diskutiert werden (das wäre sonst Verlustangst)
  • keine körperlichen Übergriffe
  • keine Affären, keine warmen Wechsel von einer in eine neue Beziehung, es liegen Pausen zwischen Beziehungen, keine Freundschaften mit „gewissen Vorzügen“ (Sex, Kuscheln usw.)
  • wollen den Partner nicht verändern oder ihn „retten“
  • hatte keine Persönlichkeitsstörung wie Narzissmus, Borderline, keine dependente oder psychopathische Persönlichkeit, keine Egozentrik, keine Co-Abhängigkeit, keine Liebessucht
  • kein Substanzmissbrauch
  • haben auch andere Bereiche, in denen sie „aufgehen“ und von denen sie gestützt werden – z. B. einen Freundeskreis, Hobbies, Interessen, Ziele, Arbeit